Buntes Musikprogramm für mehr als 100 Nachtschwärmer

Die 14. Nacht der offenen Kirchen in Sangerhausen ist Geschichte. Anspruchsvoll, toll, begeisternd, interessant – so lauteten die Kommentare der rund 100 Nachtschwärmer, die am Samstagabend über fünf Stunden insgesamt sechs Kirchen der Stadt besuchten. Dabei kam ihnen das warme Wetter sehr entgegen. Das abwechslungsreiche Programm bot Musikbeiträge und Vorträge, die vom Publikum unterschiedlich genutzt wurden.

In der neuapostolischen Kirche stimmte der Gemeindechor mit dem Chorlied „Komm her, freu dich mit uns“ das Publikum auf den langen Abend ein. Hannelore Messerschmidt informierte über die Gründung und Entwicklung der Gemeinde, die im kommenden Jahr 110 Jahre alt wird. Ein Besucher aus Sangerhausen war zum ersten Mal in dieser Kirche. „Mich interessiert besonders die Orgel“, sagte er. „Sie soll die größte in Sangerhausen sein.“

Zweite Station der Kirchenwanderung war die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde (Baptisten). Dort führte Gastreferent Jürgen Friedemann aus Nordhausen den Zuhörern die Schwierigkeiten einer modernen Bibelübersetzung vor Augen. „Viele Begriffe der hebräischen Ausgabe gibt es heute nicht mehr in unserem Sprachgebrauch“, erläuterte er dem Publikum. „Es ist nicht immer leicht für die heutigen Übersetzer, den Inhalt so zu vermitteln, dass er auch richtig verstanden wird.“ Die neue Bibel-Übersetzung, an der er mitgearbeitet hat, trägt den Titel „Neues Leben“.

Gutes Wissen der Kirchengeschichte war Voraussetzung, um dem katholischen Bischof Gerhard Feige beim Vortrag zum 500. Reformationsjubiläum 2017 folgen zu können. Das große Publikum in der Herz-Jesu-Kirche folgte seinen Gedanken zum Thema „Auf dem Weg zum Reformationsgedenken“. Aus seiner Sicht soll das Reformationsjubiläum für alle Christen genutzt werden, sich besser zu verstehen. „Es soll der Versachlichung, Versöhnung und Verständigung dienen“, sagte der Bischof. „Luther bleibt dennoch umstritten.“

Die Marien-, Ulrich- und Jacobikirche empfingen zu späterer Stunde mit musikalischen Darbietungen. Markus Gellrich (Akkordeon) beeindruckte in der Marienkirche unter anderem mit der Komposition „Die zertrümmerte Kathedrale“ von Trojan Vaclav, die nach der Bombardierung Dresdens 1945 entstanden ist. Pfarrer Michael Pietrusky berichtete über die Entstehung und das Gemeindeleben der Selbstständigen Evangelisch-Lutherischen Kirche.

In Sankt Ulrici nahm das Ensemble Les Seraphines die Zuhörer mit in eine Welt keltischer und persischer Klänge. Die fünf Musiker wurden mit reichlich Beifall belohnt. Den musikalischen Höhepunkt boten Martina Pohl (Orgel, Klavier) und Albrecht Börner (Violine) zum Abschluss in der Sankt-Jacobi-Kirche. Mit der Romanze in h-Moll von Otto Olsson entführten sie zunächst in die Zeit der Romantik und begeisterten die Zuhörer anschließend mit argentinischen Tangoklängen.

„Ein Tango ist für die Ohren, nicht für die Beine“, zitierte Pfarrer Johannes Müller den Komponisten Astor Pantaleón Piazzolla. Erst nach zwei Zugaben trat das Publikum unter Glockengeläut den Heimweg an.

Text/Fotos: MZ/HN/GO