(M)ein Wochenende mit Gott

Vom 25. bis 27. August trafen sich 120 Jugendliche der Kirchenbezirke Gotha und Erfurt in Plothen zu einem gemeinsamen Wochenende. Ein Jugendbetreuer berichtet von seinen Erlebnissen.

Freitag - 14.30 Uhr – endlich Dienstschluss. Das Wochenende naht. Schnell noch den Schreibtisch aufgeräumt und dann geht es nach Hause. Dort wartet schon die gepackte Reisetasche auf mich. Nein, es geht nicht in den Urlaub. Jugendfreizeit ist angesagt. Jugendfreizeit - so jung bin ich gar nicht mehr, da liegen nun schon einige Jahre hinter mir. Das wird mir noch mehr bewusst, als mir mein großer Sohn mit seinen 15 Jahren und knapp 1,84 cm seinen Koffer zum Verstauen bringt.
Gemeinsam starten wir mit rund 20 Jugendlichen inklusive Begleitern in Richtung Jugendherberge.
Während der Fahrt kreisen meine Gedanken, haben wir als die Jugendbetreuer/innen auch an alles gedacht beim Planen der Freizeit? Wie wird die Stimmung unter den Teilnehmern sein, das Wetter, die Herberge, das Essen usw.?
Endlich angekommen stellen wir nach kurzer Zeit fest: Alles passt so weit. Die Jugendlichen haben sich für den Freitag selbst etwas zum Grillen mitgebracht und es dauert nicht lange, da wabert der für Thüringen typische Bratwurstduft vielversprechend durchs Jugendherbergsgelände.
22.00 Uhr gemeinsamer Start wie geplant, aber diesmal doch noch etwas anders als üblich. Freitagabend, das ist ja sonst der Tag in den Freizeiten, wo die Jugend oft bis tief in die Nacht das tut, was sie am besten kann: lachen, sich austauschen, feiern…
Einer der Betreuer greift sich das Mikro und fokussiert mit wenigen Sätzen die Jugend auf ein Thema, was eigentlich gar nicht in so eine ausgelassene Freitagabendpartystimmung passt. Es geht um Kinder, die sich, kaum geboren, bereits ins Leben kämpfen müssen. Ja, er spricht auch von den Kindern, die diesen Kampf bereits nach wenigen Tagen oder Wochen verlieren.
Für diese besondere Personengruppe gibt es auch hier in Thüringen ein sogenanntes Kinderhospiz. Und schon gibt es den ersten Auftrag an die jungen Christen. Betet für diese Kinder, die Eltern, Betreuer, Ärzte usw. Doch beten reicht oftmals leider nicht und deshalb erfahren alle Teilnehmer, das die Getränkepreise vor Ort deshalb so „rund“ sind, weil jeder Differenzbetrag eins zu eins dem Kinderhospiz zu Gute kommt. Freiwillige Spenden gehen natürlich sowieso.
Etwas anders ist die Stimmung nun schon. Hm, ich stelle mir ehrlich die Frage: War das jetzt der richtige Einstieg in eine Jugendfreizeit? Das Spendenergebnis am Sonntag wird es zeigen. Jetzt geht es erstmal ans miteinander reden, lachen und natürlich… feiern. Wenn da nicht der plötzlich einsetzende Regen wäre, der sich nach einiger Zeit in ein nicht enden wollendes Gewitter wandelt. Glücklicherweise haben unsere engagierten Jugendbetreuer vorsorglich Pavillons aufgestellt, welche sich rasend schnell füllen. Ganz schnell muss ich feststellen, dass die Jugend nun ganz eng zusammenrücken muss, immerhin sind wir rund 120 Teilnehmer an diesem Wochenende, damit alle trocken bleiben. Auch nicht schlecht…
Nach intensiven Gesprächen mit freudigen und auch sehr nachdenklich stimmenden Themen blicke ich kurz auf meine Uhr, da ich mein Gähnen irgendwie nicht mehr richtig unterdrücken kann – upps schon um zwei Uhr und wir haben noch eine zweite lange Nacht vor uns. Da gilt es die Kräfte einzuteilen. Also ab ins Bett. Beim Betreten unseres Bettenhauses höre ich aus einem Zimmer kräftiges Lachen. Das zaubert auch mir ein Schmunzeln ins Gesicht.
Jetzt noch dem lieben Gott ein großes Danke sagen für einen sehr gelungenen Start. Das tue ich und mit einem Lächeln schlafe ich mitten im Gebet in meinem viel zu kurz geratenen Jugendherbergsbett liegend ein.


Samstag. Nach dem Frühstück treffen wir uns um gemeinsam einen Film zu schauen. Am Nachmittag sollen die Stunden zum Baden und Volleyball bzw. Fußballspielen genutzt werden. Hoffentlich fällt nicht alles ins Wasser, denn am Vormittag gießt es wolkenbruchartig.
Ich kündige den Film „Die Hütte – ein Wochenende mit Gott“ an und warne unsere jugendlichen Kinobesucher vor. Es handelt sich um einen sehr anspruchsvollen Film mit großen emotionalen Momenten. Im Nachhinein berichten mir einige Jugendliche, dass sie diesen Film wahrscheinlich freiwillig nicht geschaut hätten. Ich kann das absolut nachvollziehen, auch mir liefen andauernd die Tränen während des Films.
Extrem nachdenklich gehen alle in die Mittagspause. Den ganzen Nachmittag höre ich beim Durchlaufen des Geländes einzelne Gesprächsfetzen. Das Thema ist unser Film. Sehr gut, schießt es mir durch den Kopf, Ziel erreicht.
Die Jugend redet über diesen Film. Das tut sie ganz konkret auch nochmal nach dem Abendessen. Da sitzen ca. 30 junge Personen und berichten ganz offen und ehrlich von ihren emotionalen Momenten im Film, diskutieren etwaige unklar gebliebene Filmszenen, helfen sich gegenseitig den durch den Film angebotenen Perspektivwechsel auf Gott, speziell die Dreieinigkeit nachzuvollziehen. Gott als absolut liebenswerte farbige „Mama“ zu sehen überrascht nicht wenige. Auch den Heiligen Geist, im Film in Form einer jungen asiatischen Frau dargestellt, regt extrem zum Nachdenken an. Jesus ist mir von Anfang an am sympathischsten. Erst recht, als er mit dem Hauptdarsteller gemeinsam übers Wasser sprintet. Nach einer knappen Stunde sind sich alle einig. Absolut sehenswerter Film über den man im Nachhinein sprechen und reden muss. Übrigens und gerade mit Freunden…
Und wieder geht es zum Lagerfeuer und Feierareal. Und wieder schaue ich mit Erschrecken auf die Uhr, jetzt ist es schon fast drei Uhr. Also wenn ich morgen beim Klavierspielen im Gottesdienst nicht einschlafen will, dann ab ins Bett.

Sonntag. Wir treffen trotz vom Morgentau angefeuchteter Wiese die Entscheidung einen Open-Air-Gottesdienst zu machen. Die Jugend sitzt auf Biertischgarnituren und schaut auf den aufgebauten Altar in Richtung See. Erstaunlich ist, dass am Seeufer gegenüber eine Hütte steht. Und sofort sind die Bilder und Emotionen des Filmes wieder präsent. Was für ein toller „Zufall“…
Nachdem wir uns alle mit einem gemeinsamen Lied eingestimmt haben, erheben sich einzelne Jugendliche von ihren Plätzen um ihre Erwartungen an den Gottesdienst allen mitzuteilen. Ein sehr interessantes und aufschlussreiches Unterfangen.
Nach dem Verlesen des Bibelwortes hört die Jugend das Lied IST DA JEMAND von Adel Tawil. Ja, da ist jemand, der mit dir geht, bis ans Ende wenn es sein muss. Jemand der mit dir über deinen eigenen Schatten springt, jemand, der dich und deine Sorgen versteht. Wie schnell ein Song, der momentan in den Radios und Playlists zu finden ist, einen christlichen Bezug und christliche Botschaft erhält, ist schon erstaunlich. Religion und Alltag liegen oft weniger weit auseinander als wir denken.
Der Gottesdienst stellt die Freiheit in Jesus in den Mittelpunkt. Der Luthertext ist ein wenig sperrig für jugendliche Ohren und spricht von den Gefahren des Fleisches … Aber schnell wird klar, es ist das Kernthema der Jugend: eigentlich darf ich alles – aber ist auch alles gut für mich?  Mit Jesus als Vorbild schränkt sich die Freiheit scheinbar ein. Genau betrachtet liegt aber darin die Stärke – den anderen mit den Augen Jesu zu sehen und sich selbst als Freund geliebt zu fühlen. Das macht uns in einer starken Gemeinde frei. Wir werden daran erinnert, dass auch Jesus – natürlich hatte er es vorgemacht – diese Freiheit anbot. Seine Jünger waren echt kein Dream Team.  Petrus – ein Choleriker. Johannes – ein Träumer. Jakobus – unzuverlässig. Thomas – ein Skeptiker. Maria Magdalena – eine Exzentrikerin. Das wird auch an drei wahren Lebensgeschichten nochmal ganz klar. Drei Frauen -  eine ungewollt schwanger, eine alkoholkrank, eine in scheinbarer Gottesdienstferne - erlebten, wie stark und nah eine Gemeinde sein kann. Happy End in allen Fällen – Gott sei Dank.

Während des Abendmahls spielt das Klavier eine Melodie aus dem Film ZIEMLICH BESTE FREUNDE. Mit diesen Gedanken vorbereitet, begibt sich die Jugend zum Altar, um die Hostie im Bewusstsein zu empfangen, der ziemlich beste Freund der Welt bricht jetzt mit dir sein Brot.
IT IS WELL WITH MY SOUL in jugendlicher Manier und mit Minibandunterstützung gesungen, so endet der Gottesdienst. Nun hören wir alle erstaunt das Ergebnis der Spendenaktion. Weit über 400,- Euro sind zusammengekommen. Ich stelle mir gerade die Kinder, ihre Eltern und Betreuer im Hospiz vor, wie ihnen unsere Spende vielleicht ein Stück weiterhilft und sofort steigt der Wasserpegel in meinen Augen wieder mal an.
Das Abschlussfoto gelingt, im Hintergrund der See mitsamt der Hütte, keiner fällt ins Wasser, alles gut.
Was nehme ich nun persönlich aus diesem Wochenende mit?
Es war (m)ein Wochenende mit Gott. Viele inspirierende Gedanken und Anregungen aus unzähligen, teilweise sehr ehrlichen und tiefgehenden Gesprächen, und die Erkenntnis, Gott hatte wieder einmal ganz klar seine Hände mit im Spiel.
Bleibt mir daher nur noch eines zu sagen: GOTT SEI DANK!!!